Erhaltung alter Stadtbäume

Bäume sind essentieller Bestandteil des urbanen Grüns, mit vielfältigen positiven Wirkungen auf Mensch und Umwelt. Ältere Bäume leisten dabei einen vergleichsweise herausragenden Beitrag, nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auch aus ökologischen (Luftqualität, CO2-Bindung, …) und insbesondere als Biodiversitäts-Hotspots und Habitate für unzählige, oftmals bedrohte Tierarten. Ältere Straßen- und Park-Bäume weisen aber nicht nur naturgemäß (aufgrund des Alters) häufiger Schäden auf, sondern vor allem auch aufgrund ihrer spezifischen, urbanen „Lebensumstände“: Anfahrschäden und Baustellen führen zu Fäulen an Stamm und Kronenansatz, unfachliche Schnittmaßnahmen zu Fäulen in der Krone – jeweils mit später potenziell gefährdeter Bruchsicherheit. Wurzeln wiederum werden vor allem bei Boden- und Schacht-Arbeiten beschädigt, was zu Fäulen führt, die die Standsicherheit gefährden können. Die Bodenverdichtung wiederum schränkt nicht nur die Vitalität ein, sondern verringert auch die Fähigkeit der Bäume, sich gegen Schäden und Schädlinge zu wehren.

Die vor allem auch auf EU-Vorgaben basierende deutsche Gesetzgebung hält Städte und Gemeinden einerseits dazu an, auch alte Bäume längstmöglich zu erhalten. Andererseits aber haften die in den Kommunen für die Kontrolle der „Verkehrssicherheit“ zuständigen Personen persönlich bei Schadensfällen durch das Brechen oder Kippen von Bäumen, je nachdem, wie ihr Verhalten rechtlich eingeschätzt wird. Daher gibt es einen enormen Bedarf nach technischen Verfahren zu Überprüfung von Bäumen und nach Methoden, die erzielten Ergebnisse hinsichtlich der Bruch- und Standsicherheit zu beurteilen. Zunächst galt die sogenannte VTA-Methode („Visual-Tree-Assessment“) hier als Standard, insbesondere in Verbindung mit Bohrwiderstandsmessungen, um das sogenannte Restwandstärke-zu-Radius-Verhältnis zu ermitteln („t/R“). Allerdings wurde schnell deutlich, dass die diesbezüglich vielfach publizierte Vorgabe („man bohre zwischen die Wurzelanläufe“) beim alten Stadtbaum falsch und irreführend war und dass die sogenannte „t/R>1/3-Regel“ für diese Bäume ohnehin aus biomechanischen Gründen keine Relevanz hat. Die aus dem Metallbau übernommenen Formeln der in den 1990er Jahren als Alternative zu VTA aufkommenden „ingenieurtechnischen“ Methode der „Statisch Integrierten Abschätzung“ (SIA) wiederum erwiesen sich als grundlegend falsch und fehlleitend für die statische Beurteilung von Bäumen. Daher wurde die Methode der „Allometrischen Selbst-Referenzierung“ entwickelt. Sie berücksichtigt nicht nur die anisotropen Materialeigenschaften des Holzes, sondern darüber hinaus auch die spezifischen Eigenschaften alter Bäume. Zusammen mit korrekt ausgeführten Bohrwiderstandsmessungen und Schalltomographie erlaubt diese Kombination nicht nur eine zuverlässige Beurteilung der Bruch- und Standsicherheit von Bäumen, sondern verringert auch die Kosten für den Erhalt des Baumbestands.

Im Rahmen des URBORETUM-Projekts soll nicht nur die Anwendung der o.g. technischen Untersuchungs-Verfahren vereinfacht und beschleunigt, sondern auch weitgehend automatisierte Auswertungs- und Beurteilungs-Methoden entwickelt werden, um den Kommunen zu ermöglichen, ihren Baumbestand schneller und kostengünstiger, aber gleichwohl rechtssicher beurteilen und zu niedrigeren Kosten länger erhalten zu können.